11.07.2021
„Spielunke“ wäre zu viel gesagt, „Treffpunkt für Anspruchslose“ trifft es wohl eher. Staudenhof oder „Bude“, wie wir letztendlich zu sagen pflegten, – hießen diese gänzlich unscheinbaren Räumlichkeiten tatsächlich. Hier, im Zentrum von Potsdam, direkt hinter dem alten Studentenwerk nahe der Nikolaikirche gelegen, bevor alles dem unersättlichen Hunger der Zeit anheimfiel. Im ersten Raum war eine unspektakuläre Bar ohne nennenswerte Auffälligkeiten. Davor standen ein paar viereckige Tische mit simplen Stühlen. Im zweiten Raum, dem eigentlichen Highlight, standen ein Billardtisch, ein California - Tischkicker mit roten und blauen Plastikspielern, ein Sofa sowie ein Couchtisch direkt aus Omas Wohnzimmer. Besonders auffällig an diesem Raum waren die liebevoll mit Film- und Musikpostern tapezierten Wände samt Decke.
Hierhin verschlug es uns - Freund, Freundin und mich. Wir drei kamen hierher, tranken, erzählten und stießen Kugeln mit Queues oder Plastikmännchen übers Grün. Keiner war ein ausgemachter Profi, was dazu führte, dass jeder Mal gewinnen durfte.
Ansonsten trafen wir drei uns auf dem Basketballfeld Am neuen Palais. Hier versenkten wir Bälle im Korb und taten so, als wüssten wir was wir tun. Weder hier auf dem Sportplatz, noch in der Bar kann ich mich nennenswert an andere Personen erinnern, die in unserer Nähe waren. Es fühlte sich so an, als wären wir drei allein auf dieser Welt und genossen unseren Spaß.
Insgesamt lassen sich diese Abende und Nachmittage an zwei Händen abzählen. Joggen im Park Sanssouci, Backgammon auf dem Balkon, Film- und Serienabende (Scrubs löste gerade Friends ab), gemeinsames Kochen, Tanzen im Waschhaus, oder Kaffee trinken im Daily Coffee fand entweder zu zweit oder in einer größeren Gruppe statt.
Die wenigen Stunden in dieser Dreierkonstellation erzeugten bei mir ein ganz besonderes Gefühl. Wir waren keine ausgemachte Clique, wir fuhren nicht gemeinsam in den Urlaub, und wir telefonierten oder schrieben uns auch nicht jeden Tag eine SMS. Es schien, als würden wir drei uns beim Billard- und Basketballspielen wohlfühlen; als wäre es eine natürliche Konstellation, die keiner weiteren Erklärung bedarf.
Natürlich ist nichts von ewiger Dauer, schon gar nicht, wenn man es sich wünscht. Der Fortgang der Ausbildung an verschiedenen Orten, Familienplanung, Umzüge und die Bekanntschaft mit neuen Menschen hat diese Zeit beendet. Doch auch jetzt, 17 Jahre danach, stehen diese Stunden wie ein Leuchtturm an der Küste des Alltags. Die Erinnerung an diese letztendlich kurze, gemeinsame Zeit mit diesem Freund und dieser Freundin, zeigt mir bis heute, wie sich Freundschaft, ach, was sage ich, das ganze Leben, anfühlen kann – geborgen und frei.
© [07|21|PJ]
Admin - 20:04 | Kommentar hinzufügen
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