Philipp Junghans
So ganz MENSCHlich
 

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In meinem Blog verzichte ich zugunsten einer besseren Lesbarkeit auf eine Doppelnennung und gegenderte Bezeichnungen. Die Personenbezeichnungen beziehen sich immer (sofern nicht besonders gekennzeichnet) gleichermaßen auf weibliche, männliche und diverse Personen.


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07.11.2022

Wie geht denn Glück?

Da das Erleben von Glück und Zufriedenheit wohl so individuell ist, wie der Mensch selbst, erhebt diese kurze Abhandlung weder den Anspruch auf wissenschaftliche Korrektheit, noch auf irgendeine Art von Vollständigkeit. In diesem Text werden einige Ansätze vorgestellt, die das dauerhafte Erleben von Zufriedenheit, Freude und Fülle unterstützen sollen.

Von zentraler Bedeutung für das eigene Erleben von Glück sind die persönlichen Bedürfnisse und wie diese Bedürfnisse erfüllt werden. Wie genau diese Bedürfnisse aussehen ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich, wobei wir uns in einigen Aspekten gleichen. Dazu zählen vor allem die Grundbedürfnisse wie Nahrung, Schlaf, Sicherheit, Unterkunft und Wärme. Bestehen Unsicherheiten bezüglich der Erfüllung dieser existenziellen Faktoren, können tiefliegende Ängste aktiviert werden, was dem Glückserleben natürlich eher entgegen steht.

Weitere Bedürfnisse können die Suche nach Neuem umfassen, die Reizung der Sinne, Ruhe und Reizarmut, die Erweiterung des eigenen Bewusstseinsraumes, das Erleben von Kontrolle und Vorhersagbarkeit, aber auch die Bewältigung von Chaos und Strukturlosigkeit. Es kann ein Bedürfnis sein zu entdecken und zu verstehen, neue Mechanismen zu entwickeln, effektivere und effizientere Lösungen zu finden, es kann einen Menschen glücklicher machen Dinge zu reduzieren und die wesentlichen Elemente seines Lebens von Überflüssigem zu trennen.

Ein zentrales Anliegen bei der Betrachtung von Bedürfnissen ist so gesehen die Herstellung eines Sättigungszustandes. Habe ich das Gefühl in relevanten Aspekten gesättigt zu sein, werde ich mit hoher Wahrscheinlichkeit das Gefühl von Zufriedenheit erleben. Je nach Beschaffenheit des Bedürfnisses und aufgrund der Wirkungsweise des Lebensablaufes an sich, neigt das Glücksgefühl aufgrund von Bedürfnisbefriedigung allerdings zu einer relativen Kurzlebigkeit. Hunger und Durst zu stillen wirkt nur kurz, der Reiz des Neuen auf meine Sinne nutzt sich vergleichsweise schnell ab, habe ich neue Räume erschlossen suche ich schon bald nach neuen Räumen. Aufgrund dieser relativen Kurzlebigkeit suchen wir Menschen vermutlich nach einer zuverlässigen Stabilität in dieser Art der Glückserreichung und reagieren bei Frustration häufig mit Angst und Depression. Ein weiteres Problem bei dem Bedürfnisansatz ist die häufige Gegenläufigkeit einzelner Bedürfnisse zueinander. Nicht selten kann ich ein Bedürfnis nur befriedigen, wenn ich ein anderes dafür frustriere. So habe ich vielleicht den Wunsch frei und ungezwungen durch die Welt zu reisen und gleichzeitig den Wunsch nach einer Familie, einem Haus und einem pflegeleichten Hund. In so einem Fall bleibt entweder eine Kompromisslösung oder die Erfüllung nacheinander in einem zeitlichen Abstand – Vieles ist möglich, nur oft nicht zur gleichen Zeit.

Womit wir auch schon zu einer zentralen Fähigkeit kommen, die für das Erleben von Glück von entscheidender Bedeutung zu sein scheint – die Fähigkeit, die Bedürfnisbefriedung aufschieben zu können. Das bedeutet nicht der Forderung zu erliegen, dass alles sofort erfüllt werden muss, sobald es mir danach verlangt. Es bedeutet vielmehr, dass die Ergebnisse und Früchte meiner Investitionen oft erst später sichtbar werden. Die Unabhängigkeit von Zeit ist einer der wichtigsten und auch schwierigsten Fähigkeiten, die man im Zusammenhang mit Glückserleben erreichen kann.

Parallel zu körperlichen und geistigen Bedürfnissen verhält es sich mit dem Selbst. Damit ist im Prinzip alles gemeint, was die eigene Person ausmacht – beispielsweise das körperliche und intellektuelle Potenzial, Kreativität, Engagement, Ausdauer, Wille, die Persönlichkeit, das Temperament, die Neugier, die Ausprägung von Aktivität und Passivität, Attraktivität, Sexualität, Liebesfähigkeit, mein Umgang mit Versuchungen und Fallstricken des Lebens. Es ist davon auszugehen, dass jedes Individuum eine eigene Art besitzt, wie es auf das Leben mit all seinen Facetten reagiert und wie es selbst danach strebt sich auszudrücken.

Jeder von uns wird nach seiner Geburt mehr oder weniger darin gefördert/gestört, diese persönliche Art und Weise auszudrücken.

Für das Erleben von Glück und Zufriedenheit scheint es nicht unwesentlich, in einem möglichst hohen Maße dieser persönlichen Art zu entsprechen. Je nach Umfeld/Möglichkeiten sollte jeder Mensch versuchen, sofern er denn sein eigenes Glück anstrebt, zu dieser natürlichen, authentischen Art des Selbst zurückzukommen und diese auszuprägen. Je mehr ein Mensch sein Selbst ausdrücken und ausbauen kann, umso mehr Glück wird er für sich erleben. Dies ist auch für eine gesellschaftliche Dimension entscheidend, da Menschen in diesem Funktionsmodus erheblich kreativer, leistungsfähiger und gesünder sind als Menschen, die in erzwungenen oder gesteuerten Mechanismen existieren müssen. Soweit die Theorie …

Die bisherigen Ausführungen könnten den Eindruck erwecken, dass Menschen ausschließlich an ihrer eigenen Person interessiert sind. Dies ist in meiner Auffassung sicher zu einem großen Teil so. Wir befinden uns hier in einer egozentrischen Betrachtungsweise, die darauf abzielt ein Höchstmaß an individuellem Glück zu schaffen. Diese Betrachtungsweise hat allerdings ihre Grenzen, wie auch die Erreichung von Glück durch die alleinige Betrachtung der eigenen Person. Das Erleben von Glück und Zufriedenheit hängt in großem Ausmaß von dem Erleben von Zugehörigkeit, Gemeinschaft und Geborgenheit ab. Dies umfasst sowohl den Kontakt zu anderen Menschen, als auch den Kontakt zu Tieren und der Natur an sich. Durch einen wechselseitigen Austausch, der auf einer gegenseitigen Verstärkung beruht, entsteht ein weitaus höheres Maß der Zufriedenheit, als es allein, in welcher Form auch immer, möglich wäre.

Damit möchte ich noch einmal den Bogen zu dem Einzelnen und seinem persönlichen Glück schlagen. Wer möchte, kann sich einmal eine Minute Zeit nehmen und sich vorstellen an seinem Lebensabend angekommen zu sein. Gehen wir davon aus, wir haben ein hohes Alter erreicht und wissen, dass die lebendige Phase unseres Daseins zu Ende geht. Was wäre mir selbst an dieser Stelle wichtig? Woran würde ich denken, woran würde ich mich erinnern? Habe ich genossen, was hinterlasse ich, habe ich meine Potenziale genutzt, konnte ich „Ich selbst sein“, mit wem habe ich Liebe ausgetauscht/erleben dürfen, was habe ich schaffen können, habe ich eigene Werte gelebt und verteidigt, habe ich andere dabei unterstützt zu leben und sich auszudrücken, habe ich anderen geholfen ein wenig Glück zu finden und kann ich am Ende sagen: „Es war gut wie es war“?

Die Suche nach dem, was uns Glück verspricht ist wohl das, was uns alle miteinander verbindet.

© [11|22|PhilippJunghans]

Admin - 22:54 | Kommentar hinzufügen

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